Antifaschistische Jugend Freiburg

Autoritäre Verschiebungen

 

Die Träume der Autoritären in Deutschland

 

Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) stockt nach einem Brandanschlag auf Autos, sowie ein Gebäude der Landesaufnahmebehörden in Braunschweig und Hannover [Bekenner*innenschreiben] von denen immer wieder Abschiebungen ausgehen, seine Hufeisensammlung auf und bringt offen die reaktionäre Wunschvorstellung eines Antifaverbots ins Gepräch. Die Prüfung dieses Verhalts wird mit einer „starke[n] Radikalisierung der Szene“, gar einer „terroristischen Struktur“ [taz (25.01.2021)] begründet.
Wen oder was das Innenministerium Niedersachsens genau als „die Antifa“ konstruieren will ist unklar, konkrete Verdachtsfälle gibt es für den Brandanschlag nicht, allerdings haben Innenministerien bewiesen, dass dies für sie nur selten ein Problem darstellt (siehe linksunten.indymedia-Verbot).

Auch in NRW wird das Bestreben eine radikale Linke – und damit unbeliebsamen Protest – klein zu halten deutlich.
Die Regierung, bestehend aus zwei Parteien, die aus ihrer Abneigung gegenüber allem was bestehende Verhältnisse auch nur in Frage stellt keinen Hehl machen, der CDU und der FDP, schlägt im Entwurf eines neuen Versammlungsgesetz weitere Kompetenzen für die Polizei – bereits gängige Praxen, wie die Festnahme verdächtiger Demonstrant*innen werden legalisiert, das Entsenden von Zivilpolizist*innen in eine Demonstration muss den Versammlungsleiter*innen nicht mehr angezeigt werden, Namen und Adressen von Ordner*innen können eingefordert werden, einzelne Personen als Order*innen abgelehnt werden, die Video- und Fotographie von Versammlungen wird ausgeweitet, Kontrollstellen rund um Versammlungen zur Durchsuchung und Identitätsfeststellungen von Versammlungsteilnehmer*innen können eingerichtet werden – ausgeweitete Strafmöglichkeiten – Versammlungsleiter*innen können belangt werden, wenn die Versammlung nicht gemäß der Anmeldung verläuft, ein „Störungsverbot“, das heißt das die Störung und Vereitelung nicht verbotenem Protests, sowie die Androhung dessen unter Strafe getellt werden – ein „Militanzverbot“ – das heißt „Paramilitärisches Auftreten“ wird verboten, ebenso wie „Uniformen“, worunter auch ein „schwarzer Block“ oder die weißen Maler*innenanzüge bei Ende Gelände fallen könnten, Versammlungen dürfen keine „Gewaltbereitschaft“ vermitteln und nicht „einschüchternd“ wirken – vor. [nd (25.01.2021) | süddeutsche (25.01.2021) | iL Köln | FAU Köln | Ende Gelände | Gesetzentwurf]

Dieser Vorstoß darf nicht runtergespielt werden! Dieser Entwurf, der noch durch Parlamente und Gerichte muss und die Prüfung eines Antifaverbots sind ein Angriff auf Grundrechte, ein perfider Ausdruck autoritärer Entwicklungen, die bei verschärften Polizeigesetzen noch lange nicht halt machen wollen.

 

Von Verboten und Blockaden oder warum Antifa Handarbeit bleibt

 

Ein Verbot „der Antifa“ spielt vor allem in rechtspopulistischen Kreisen schon länger eine Rolle. Von Trump bis AfD ist die Erzählung von „der Antifa“ als terroristische Organisation jetzt auf die niedersächsische SPD übergesprungen. Dass sich vermeintlich, oder genauer, ehemals als links geltende Parteien an rechten Diskursen bedienen ist bei weitem keine Seltenheit mehr und dass bloße Lippenbekenntnisse zum Antifaschismus wenig bis nichts bewirken ist auch nichts neues. Das ein Verbot „der Antifa“ geprüft wird sollte aber trotz der Absurdität dieses Vorhabens ein Weckruf für alle*, die sich als Antifaschist*innen begreifen sein.
Auch das, was das Innenministerium in NRW versucht unter einem „Störungsverbot“ zu etablieren ist effektiv eine Verhinderung und Kriminalisierung antifaschistischer Arbeit zu einem Zeitpunkt, an dem antifaschistische Intervention der einzige Weg zu sein scheint faschistische Mobilisierung effektiv zu verhindern.

Dass der Kampf gegen den Faschismus dem Staat überlassen werden kann ist eine massive Fehleinschätzung, die in ihrer Konsequenz Nazis freie Hand lassen würde.

Deshalb ist Antifaschismus notwendig und wird es auch immer bleiben.

 

Militanz oder warum radikaler Protest notwendig bleibt

 

Deutlich wird die reaktionäre Prägung des Entwurfs besonders beim Blick auf das „Militanzverbot“ und was in diesem Kontext als „militant“ bezeichnet wird.

Anders als es von der schwarz-gelben Regierung dargestellt wird ist Militanz kein Selbstzweck. Im Gegenteil: Militanz ist eine Einstellung. Militanz bedeutet für uns als emanzipatorische Linke das Einstehen für unsere politischen Überzeugungen nicht ungeachtet, sondern trotz des Risikos persönlicher Konsequenzen, wie die Repressionen des Staates. [Genauerer Definitionsansatz]
Deshalb wehren wir uns gegen die reaktionäre Vereinnahmung des Begriffes der Militanz als stumpfe, unreflektierte Gewalt(bereitschaft), ohne dabei politische Gewalt zu delegitimieren.
Diese Vereinnahmung bewirkt ebenso wie „gewaltbereites Auftreten“, „Einschüchterung“ und „Uniformierung“ als ebenfalls reaktionär geprägte Begriffe für militante, radikale Protestformen eine Verschiebung weg von politischen Inhalten hin zu Möglichkeiten der Bestrafung und Repression.
Emanzipatorisch gelebte Formen der Militanz und radikaler Protest im Gegensatz zu einem „Fahne in den Wind stellenden“, wirtschaftsgeleitetem Opportunismus sind der zukunftsorientierte Weg mit den kapitalistischen Verhältnissen zu brechen um eine Zukunft zu gestalten, die nicht auf Ausbeutung der Menschen und der Natur beruht.

Deshalb gilt es die autoritären Auswüchse dieses Staates aktiv zu benennen, zu analysieren und zu bekämpfen!