Antifaschistische Jugend Freiburg

Gefangenenschreiben

Getroffen werden einige – Gemeint sind wir alle!
 
Es gibt kaum noch aktive linke Menschen, Gruppen oder Organisationen, die sich im Laufe der Zeit nicht durch staatliche Repression in ihrer politischen Tätigkeit verfolgt oder behindert sahen. Dabei ist es relativ egal, bei welchen Bewegungen die Personen aktiv sind. Von Antifaschistischen Bewegungen bis hin zu Umweltbewegungen wird mensch früher oder später mit staatlicher Repression konfrontiert und als letztes Repressionsinstrument droht die Gefängnisstrafe. Genau diejenigen, die hinter Gittern sitzen, dürfen wir in unserem Kampf gegen die herrschenden Verhältnisse nicht vergessen und nicht alleine lassen. Sie sind ein Teil von uns und brauchen unsere Solidarität!
 
Coronamaßnahmen in Gefängnissen
 
In Folge der Coronamaßnahmen sind zu den eh schon menschenunwürdigen Verhältnissen in Gefängnissen in den letzten Monate noch viel mehr Einschränkungen in Kraft getreten. In der JVA Freiburg und vielen anderen Gefängnissen sind statt Besuchen nur noch Skype-Telefonate möglich. Vollzugslockerungen, einschließlich bewachter Spaziergänge außerhalb des Gefängnisses, setzen zurzeit ebenfalls aus. Ohne Vollzugslockerungen sind vorzeitige Haftentlassungen stark erschwert, was letztlich bei Vielen eine Haftzeitverlängerung bewirken kann.
Therapiemaßnahmen kommen in Zeiten der Corona-Pandemie ebenfalls zu kurz. Nur im Bereich der Sicherungsverwahrung gibt es die Möglichkeit dazu, zumindest hin und wieder telefonisch mit Gefängnispsycholog*innen und Sozialdiensten in Kontakt zu treten. Therapeutische Einzelgespräche in einem Trennscheibenraum finden nur in einem sehr stark reduzierten Umfang statt.
In einem Text von Thomas Meyer-Falk gibt es noch weitere Informationen zur momentanen Situation in Gefängnissen, insbesondere der JVA Freiburg.
 
Solidarität muss praktisch werden!
 
Wir müssen den Gefangenen zeigen, dass wir sie nicht vergessen und nicht alleine lassen! Lasst uns Briefe schreiben, Postkarten, Zeitschriften, Plakate oder Pakete schicken (wenn sie dies wollen), oder gegebenenfalls mit ihnen über Politik und die Welt diskutieren und damit versuchen die Isolation ein Stück weit zu durchbrechen. Hinter Mauern mit Stacheldraht, Wachtürmen und bewaffneten Vollzugsbeamt*innen gibt es kaum menschliche Nähe und Gefühle, sondern Unterordnung und den täglichen Kampf ums Überleben. In dem wir mit Gefangenen in Kontakt gehen, können wir sie ein kleines Stück an unserem Leben teilnehmen lassen und ihnen eine Möglichkeit geben, diese Mauern der Passivität und Kälte zumindest für einen Moment zu überwinden. Lasst uns kleine Lichtblicke ins alltägliche Grau schicken!
Die Gefangenen haben einen stark strukturierten und durchgeplanten Tagesablauf, jeder Brief von draußen ist da eine willkommene Abwechslung, jede Postkarte gibt Hoffnung. Am Anfang ist es etwas ungewohnt, einer fremden Person zu schreiben – der erste Brief stellt meist die größte Hürde da. Dieses Problem müssen die meisten von uns erst einmal überwinden. Dabei stellt mensch sich oft Fragen darüber, ob das geschriebene überhaupt interessant ist, oder ob es die*den Gefangene*n deprimieren könnte über eigene Erlebnisse, Erfahrungen, Aktionen oder das schönen Wetter draußen zu schreiben. Die meisten Gefangenen freuen sich allerdings über jedes geschriebene Wort.
 
Allgemeine Tipps für Briefe
 
Viele Gefangene haben nicht viel Geld oder nicht die Möglichkeit an Briefmarken und Briefumschläge zu kommen, weshalb es ratsam ist, pro Brief mindestens eine Briefmarke und einen Briefumschlag dazu zu legen. Einige Vollzugsanstalten begrenzen den Umfang der Briefe auf vier DIN A4-Seiten. Erkundige dich am besten auf der Webseite des jeweiligen Gefängnisses über die individuellen Richtlinien.
Da es öfter vorkommt das Briefe „einfach so verschwinden“, ist es sinnvoll vorbeugend die Briefe fortlaufend zu nummerieren und ein Datum rein zuschreiben. Dies hilft dabei zu erkennen, ob die Ankunft des Briefes verzögert wurde oder einer nicht ankam. Zusätzlich kann mensch auch die einzelnen Seiten des Briefes nummerieren. Schreib außerdem auf den Briefumschlag, was im Brief ist und den Eigentumsvorbehalt:
    Dieser Brief bleibt solange
    Eigentum der* Absenderin* bis er dem*r Gefangenen
    persönlich ausgehändigt wurde. „Zur Habe Nahme“
    gilt nicht als persönliche Aushändigung im Sinne
    des Vorbehalts. Sollte ein Teil des Briefes nicht
    ausgehändigt werden,so ist dieser und nur dieser
    Teil unter Angabe der Gründe für die
    Nichtaushändigung an den*die Absender*in
    zurückzusenden. Der Rest ist auszuhändigen.
 
Der erste Brief
 
Hier sind einige Vorschläge, wie ein erster Brief aussehen könnte. Dabei handelt es sich natürlich nicht um starre Richtlinien. Es sollen einfach ein paar Tipps sein, die hoffentlich einige dazu anregen werden, in Briefkontakt mit Inhaftierten zu treten.
Beim Briefe schreiben solltest du dir die Kommunikation wie bei einer „normalen“ Unterhaltung vorstellen. Im ersten Brief solltest du dich also am besten erst einmal vorstellen. Überlege dir was du einer Person, die dich noch nicht kennt, in einem Gespräch über dich erzählen würdest. Du könntest z.B. darüber schreiben was du so machst, was deine Hobbys sind, wie dein Alltag so aussieht und was deine Motivation dahinter ist, dieser Person zu schreiben. Zusätzlich ist es gut zu erwähnen, woher du die Adresse hast und wie du auf Idee gekommen bist einen Brief zu schreiben. Du kannst der Person auch etwas über deine politische Einstellung, Ideen und Kämpfe erzählen. Denke dabei aber daran, dass es wahrscheinlich ist, dass alles vom Knastpersonal oder der Staatsanwaltschaft mitgelesen wird. Außerdem kannst du die Person auch fragen ob sie etwas braucht oder worüber sie schreiben will. Versuche den ersten Brief aber lieber kurz zu halten und dein Gegenüber nicht direkt mit Offenheit und Informationen zu überhäufen. Zusätzlich ist es wichtig, dass du von Anfang an offen darüber bist, wie häufig du der Person schreiben kannst und keine falschen Hoffnungen machst.
Bunte Stifte im Brief zu verwenden, Bilder oder Zeichnungen mit rein zu legen kann auch total schön sein.
Wenn ihr euch besser kennt, könnt ihr natürlich auch anfangen, gemeinsame Projekte zu machen (z.B. gemeinsam Comics zeichnen, Bücher, Zeitungsartikel oder Broschüren schreiben etc.).
 
Du willst keine echte Adresse/Namen angeben?
 
Auf den Briefumschlag solltest du immer eine Adresse und den Namen der*des Absender*in drauf schreiben, da Briefe ohne Absender*in oftmals nicht ins Gefängnis durchgelassen werden.
Wenn du deine eigene Adresse und deinen Namen nicht angeben willst, kannst du z.B. die Adresse des Briefe-an-Gefangene-Schreiben in der KTS nutzen.
Dazu musst du dir einen Pseudonym überlegen und ihn als Absender*in schreiben:
    *dein pseudonym* 
    c/o Infoladen 
    KTS Baslerstr. 103 
    79100 Freiburg 
Danach schickst du eine E-Mail (am besten verschlüsselt) mit deinem Pseudonym und deinem Kontakt an die E-Mail: briefeschreibenfreiburg[at]riseup[punkt]net
PGP-Fingerprint: 71C9 EF7A D7F5 2B15 1F49 E792 3EFA DFFE C9D1 8921 
Wenn du dann einen Brief erhältst wird dir Bescheid gegeben.
 
Wem schreibe ich denn jetzt?
 
Im Prinzip kannst du allen die im Knast sitzen schreiben. Adressen und Informationen über Menschen kannst du im Internet finden. Oftmals haben auch Infoläden eine Adressensammlung. 
In dieser PDF gibt es viele Adressen und gleichzeitig kurze Beschreibungen zu den Gefangenen. Auf dieser Website findet ihr ABC Gruppen aus der ganzen Welt.
 
Kurze Zusammenfassung
 
1. Werde dir klar darüber, wie häufig du schreiben kannst und wem du schreiben magst.
2. Überprüfe die Adresse und schau auf der Website des Knastes, was es für Beschränkungen gibt.
3. Schreibe einen ersten Brief zum Kennenlernen, schreibe einfach worüber du reden möchtest. Schreibe auch in den Brief wie oft du schreiben kannst. Vergiss nicht den Brief zu nummerieren.
4. Packe in den Brief und paar Briefmarken (hier solltest du dich über die erlaubte Anzahl auf der Website des Knastes informieren)  und einen Umschlag und schreibe eine Adresse drauf.
5. Auf den Briefumschlag solltest du den Eigentumsvorbehalt schreiben.
6. Es bleibt nur noch den Brief abzuschicken und darauf zu warten, dass du eine Antwort bekommst und dann wieder zurück zuschreiben.
 
Reißen wir die Mauern ein, die uns trennen!
 
 
 
Quellen: