Menschenrechte machen Urlaub
Jeder zweite Artikel und jede Tagesshow, alles dreht sich um Corona. Über YouTube, Instagram, Radio und Internet, von allen Seiten werden wir mit Informationen über das Virus überschüttet. Und dabei hört mensch kaum oder selten von den humanitären Katastrophen, die sich derzeit auf den griechischen Inseln abspielen. Aktuell befinden sich ungefähr 42.000 Flüchtlinge auf den griechischen Inseln. Ausgerichtet sind diese allerdings nur auf bis zu 6.000 Menschen. Die griechische Grenze war schon immer ein Anlaufgebiet für Flüchtende, die versuchten nach Europa zu gelangen. Aber warum jetzt so viele?
Aufgrund der Eskalation des militärischen Konflikts in Nordsyrien versuchen viele Menschen nach Europa zu fliehen. Daraufhin hat der türkische Präsident Erdogan die türkischen Grenzen für Flüchtende Richtung EU geöffnet. Seine Hintergründe bleiben umstritten – ein humanitärer Akt oder doch eher eine Erpressung gegen die EU, beziehungsweise Griechenland? Betroffene berichteten, dass sie in der Türkei ermuntert worden sind über Griechenland in die EU weiterzuziehen um dort Schutz und Sicherheit zu suchen, sie seien dort willkommen. Die Realität sieht aber leider anders aus.
Dort im Flüchtlingslager Moria auf der Insel Lesbos befinden sich derzeit circa 20.000 Menschen, wobei das Lager an sich nur für 3.000 ausgestattet ist. Die Bereitstellung von Essen und medizinischer Versorgung ist miserabel. Viele Menschen auf engem Raum, ohne ausreichend Wasser um sich zu waschen und ohne Möglichkeit einander aus dem Weg zu gehen. Die Menschen werden alleingelassen mit ihren Hilferufen. Es gibt Prügeleien, Selbstmorde und Vergewaltigungen.
Als ob das nicht genug wäre, sind diese Lebensumstände geradezu ein Virusparadies. In absehbarer Zeit werden wohl auch dort die ersten Fälle gemeldet werden. Die Menschen haben Angst um ihr Leben.
Was tun wir dagegen? Freiwillige Länder innerhalb der EU haben sich dazu bereit erklärt 1600 von 5500 Kindern unter 14 Jahren und besonders schutzbedürftigen Menschen aufzunehmen und unter sich aufzuteilen. Des Weiteren wird den Migrant*innen Geld für eine „freiwillige Rückkehr“ angeboten. 2000 Euro für die, die sich innerhalb eines Monats melden. Die griechische Politik ist überfordert, von der EU ist keine Unterstützung zu erwarten. Neuankömmlinge werden von der Polizei zurückgedrängt. Es wird gewalttätig verhindert das weitere Boote ankommen. Die griechische Regierung hat das Asylrecht vorübergehend für einen Monat ausgesetzt und rüstet sich an den Grenzen weiter aus. Auch die dortige Bevölkerung ist in den meisten Fällen nicht sehr hilfreich. Viele bekommen Angst vor den „gewalttätigen Flüchtlingen“ und belegen ihre Vorwürfe mit der Gewalt, die sich in den Lagern aktuell auffinden lässt.
Auch für rechtspolitische Aktivitäten ist dieser Ort zur Zeit ein Brennpunkt. Polizeieinheiten werden angefeuert Gewalt anzuwenden, Boote werden abgestochen und mit allen Mitteln vom Ankommen abgehalten, Hilfsorganisationen und Journalist*innen werden verbal und physisch angegriffen. Viele helfende Hände sind aus diesem Grund auch wieder abgereist, es ist ihnen schlicht zu gefährlich.
Die Argumente der Flüchtlingsgegner*innen basieren überwiegend auf der Angst vor Verlust der eigenen Wohlstände und vor Kriminalität ausgehend von Migrant*innen. Aus bisherigen langfristigen Erfahrungen mit Gewaltdelikten geht allerdings hervor, dass die Anzahl an gewalttätigen Übergriffen in Europa zwar auf und ab geht, dies aber unabhängig von Zuwanderung passiert.
Während dort durch das Coronavirus Angst um Leben und Existenz aufkommt, wird bei uns über Homeschooling und Lieferketten debattiert. Abgesehen davon, dass die Unterteilung unserer Welt in Länder, die sich gegenseitig voneinander abschotten und in Konkurrenz leben absurd ist, verstößt dieses
Szenerio gegen unsere grundlegenden Menschenrechte.