Antifaschistische Jugend Freiburg

„We should all be feminists“ – Aber bitte doch nicht so

In den letzten Jahren hat sich immer häufiger das Wort „Feminismus“ in allen möglichen Variationen finden lassen. Es scheint als wenn mensch um als richtige*r Feminist*in zu gelten, nur zu H&M gehen muss und sich ein solches Shirt holen. Die tausenden Frauen* die für die Produktion diese Shirts ausgebeutet wurden, werden dabei schnell vergessen.
Und überhaupt symbolisieren diese Shirts die Bedeutungslosigkeit, die das Wort „Feminismus“ in den letzten Jahren bekommen hat. Zwar bezeichnet sich die Mehrheit der jungen, weiblich gelesenen Personen in Deutschland als Feminist*innen, jedoch bleibt es meist bei der Bezeichnung. Vielleicht kommt auch noch ein Social Media Post dazu.
Social Media ist allerdings ein gutes Stichwort. Denn im 21. Jahrhundert scheinen sich Instagram, Twitter und co. zu einem beliebten politischen Mittel der Mehrheit der Gesellschaft entwickelt zu haben und sei es unbewusst, um mit „trendy“ captions zu aktuellen Themen Likes zu bekommen.
Dazu gehört auch #MeToo, der bedeutsamste Hashtag in Bezug auf sexuelle Belästigung und sexualisierte Gewalt von FLINTA*-Personen. Mit diesem Hashtag bekamen tausende von ihnen die Möglichkeit offen über ihre Erlebnisse reden zu können und so manches täterschützende Umfeld wurde gebrochen und Täter zur Verantwortung gezogen.
Auch gab es insbesondere in den USA nach der Wahl von Donald Trump viele sogenannte „womens marches“ , Proteste von Frauen gegen sexuelle Belästigung und Unterdrückung.
Allerdings kam das nicht bei allen gut an. Vor allem viele cis-Männer, insbesondere aus dem konservativen Spektrum, aber auch aus allen politischen und gesellschaftlichen Lagern. Für sie wurde ein Jahrtausende alter Mantel des Schweigens und durch Sozialisierung teilweise akzeptiertes Verhalten verteufelt und gebrochen. Auch wurden sie jetzt für ihr Verhalten zur Rechenschaft gezogen, was ebenfalls nicht gut ankam. Das Wort „Feminismus“ kommt für sie einem Schimpfwort, etwas Schlechtem gleich und damit auch in Teilen der Gesellschaft, da cis-Männer immernoch den größten Teil in höhergestellten Positionen ausmachen und ihnen generell mehr Glauben geschenkt wird.
Aber zum Glück bekam die Debatte um sexuelle Belästigung auch viel Zustimmung und Tausende weltweit solidarisierten sich mit Betroffenen und stellten sich offen als Feminist*innen dar.
Leider ist Darstellung auch eine gute Beschreibung für den modernen Mehrheitsfeminismus. Die Instagramseite „feminist“ ist ein gutes Beispiel hierfür. Dort werden feelgood Bilder gepostet, die zwar in die richtige Richtung gehen und wichtige Themen wie zum Beispiel Kritik an Schönheitsidealen oder Konsens aufgreifen, aber trotzdem leer und effektlos sind, jedoch Feminismus und feministische Ideen auf schlaue und ästhetische Art und Weise in die Gesellschaft tragen. Zum jetzigen Zeitpunkt hat diese Seite über eine Millionen Follower.
Das Wort „Feminismus“ scheint mit einer Art Fluch belegt zu sein, der die bekennende Feministin* dazu zwingt bei ihrem Bekenntnis sofort zu schwören sie hasse ja keine Männer und diese radikalen Feminist*innen fände sie ja auch daneben.
Denn leider scheint in unserer Gesellschaft der moderne Feminismus für Akzeptanz nicht über Shirts, Aufnäher und social media hinausgehen zu dürfen. Und auch hält sich der Gedanke, Feminist*innen würden das Matriarchat, sprich die Herrschaft der Frauen, errichten wollen, hartnäckig. Interessanterweise scheint sich niemand am jahrtausende langen bestehen das Patriarchats zu stören. Denn das ist ein fester und bis vor gar nicht all zu langer Zeit unangetasteter Bestandteil unserer Gesellschaft. Und somit ist auch der Gedanke sich davon zu lösen insbesondere für cis-Männer neu und befremdlich. „Feminismus“ wird als Wort schnell zu einer Bedrohung, insbesondere wenn der*die Hörer*in sich nicht damit auseinandergesetzt hat, was eigentlich dahinter steckt. Dann würden nämlich mehr Menschen verstehen, dass die grundsätzlichen Ideen des Feminismus unsere Gesellschaft voranbringen würden und unser Zusammenleben und unsere Lebensrealitäten für alle Menschen, egal welchen Geschlechts, besser und schöner machen würden.
Zum Glück haben das einige schon erkannt, denn feministische Themen sind insbesondere seit #MeToo an der Tagesordnung und bekommen Gehör. Natürlich ist der Feminismus keine Erfindung des 21. Jahrhunderts und mindestens genauso lange wie es ich gibt, wird es Gegner*innen verwehrt sich nicht damit auseinander setzen zu müssen Allerdings wird es ihnen in den Zeiten von Social Media schwer gemacht. Und auch hat #MeToo die Gesellschaft wachsamer gemacht und dazu gebracht Verhalten und Aussagen zu hinterfragen, die sie vorher mindestens abgetan hätten.
Ebenfalls tun die Shirt-Träger*innen und Instagrammer*innen ihr bestes um das Wort „Feminismus“ in die Gedächtnisse der Menschen und somit in ihr Leben zu bringen. Denn sei das auf den ersten Blick eine sehr leere und rein darstellerische Variante des Feminismus die nichts bezweckt, wird auf den zweiten Blick klar, dass es eigentlich auch seinen Teil beiträgt und noch dazu eine geschickte (und dazu gesellschaftlich akzeptierte) Art und Weise ist, Menschen mit dem Feminismus bekannt zu machen.
Die gesellschaftliche Perspektive auf den Begriff „Feminismus“ ist vielschichtig. Ein klares Urteil zu fällen ist unmöglich. Denn was diese Urteil wäre, würde von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein und ebenso ist unsere Gesellschaft ständig im Wandel, weshalb ein klares Urteil ohnehin nicht möglich ist.
Abschließend lässt sich nur sagen: „We should all be feminists“- und zwar genau so!

 

Interview zu diesem Text (RDL)