Antifaschistische Jugend Freiburg

Redebeitrag „Eure Sorgen machen uns Sorgen“

In den letzten Wochen haben wir als Linke einiges lernen und uns in vielen Aspekten an die Krise und ihre teils irren Begleiterscheinungen anpassen müssen. Die meisten der zusammen mit Covid-19 auftretenden Phänomene bereiten uns selbstverständlich schwere Bauchschmerzen, sei es die Diskussion um eine „Tracing-App“ oder ein beliebiger anderer Vorstoß in die Gewässer der autoritären Überwachungsfreund*innen. Diese Entwicklungen sind allerdings weder neu, noch überraschend, sie folgen einem Trend, welcher in allen Bundesländern verschärfte Polizeigesetze und auf nicht unerheblichen Teilen der öffentlichen Plätzen und Straßen Kameras mit sich gebracht hat.

Eine viel neuere Erfahrung müssen wir mit den „Hygiene-“ und „Grundgesetzdemos“ machen. Krude, antisemitische „ein Mensch, oder eine Menschengruppe lenken die Welt“-Theorien oder Nazischlägertrupps mit Quarzhandschuhen, bilden hier zusammen mit „alt-Linken“ (so bezeichnen sich diese Menschen zumindest selbst) und Esoteriker*innen eine besorgniserregende Querfront.

Gespräche mit letzteren Gruppen wandelten sich, besonders in Bezug auf ihre Sicht auf „die Antifa“, über die letzten Wochen von „Wir wollen doch alle irgendwie das selbe“ hin zu Applaus für nazipropagandistischen Parolen wie „Antifa = SA“. Diese Radikalisierung machte sich am letzten Samstag in körperlichen Auseinandersetzungen bemerkbar, als einige Antifaschist*innen ihre Meinung lautstark zu Gehör verhalfen. Die sonst so „bürgerlichen“ Menschen auf dem PdaS versuchten den Lauti zerstören, gingen auf die Redner*innen los und versuchten ihnen Zettel und Mikro aus der Hand zu reißen. Ein Großteil der auch sonst deutlich aggressiver auftretenden Anhänger*innen der Verschwöripartei „Widerstand2020“ auf dem Münsterplatz – darunter auch Nazischläger der Freiburg City Cobras – wurden von den stark vertretenen Polizist*innen abgehalten selbiges zu tun, aber auch hier kam es zu Tritten und anderen tätlichen Angriffen gegenüber Antifaschist*innen – So viel zur Gewichtung der Meinungsfreiheit.

Auf der inhaltlichen Ebene bieten diese Kundgebungen keine Lösungen und falsche Erklärungen für tatsächlich schwerwiegende gesellschaftliche Probleme.

Das die WHO zu einem großen Teil durch zweckgebundene Spenden finanziert wird ist ein rießiger Einschnitt in die wissenschaftliche Unabhängigkeit der Organisation, aber dass Bill Gates an Corona Schuld ist lässt sich dadurch auf keine Art und Weise belegen. Schon die Aussage, dass 80% des Gesamtetats der WHO von der „Bill and Melinda Gates Stiftung“ kommen ist schlichtweg falsch, liegt diese Zahl doch unter 10%, aber selbst wenn dies der Fall wäre, ist es keine haltbare Argumentation dadurch auf ein absichtliches Loslassen eines tödlichen Viruses auf die Menschheit zu schließen. Mensch kann Bill Gates vieles Vorhalten, mögen das moralisch mehr als fragwürdige monopolistische Methoden und Bestrebungen im Softwaresektor und die dadurch geschaffenen Datenkraken, auf welche ein Großteil des Geschäftsmodell der IT-Branche fußt, oder andere tiefe Verstrickungen in kapitalistische Systeme und Logiken, die Menschen ein solidarisches Miteinander deutlich erschweren.

Immer wieder werden auch altbekannte antisemitische Verschwörungstheorien auf den Tisch gebracht, so fallen immer wieder sie Namen Soros und Rothschild, oft rutschen Teilnehmer*innen in Reichsbürgerrhetoriken ab. Deutlich holocaustrelativierende, hetzerische Schilder und Transparente, sowie Davidsterne mit dem Wort „Impfgegner“ sind fester Bestandteil des Erscheinungsbild der „Hygiene-Demos“. Propagiert und getragen wird all das durch Vertreter*innen aller Schichten der Gesellschaft, von vermeintlich linken Vaubanfamilien, die bewusst oder unbewusst das verbreitete faschistische Gedankengut billigen oder gar gutheißen, bis hin zu strammen Nazis, die auf den Querfrontkundgebungen konsequent geduldet werden.

Lippenbekentnisse, wie die Ausagen, dass weder rechts- noch linksradikale Kräfte (die Betonung liegt hier meist auf links) geduldet werden, bestärken die Teilnehmer*innen nur darin, dass die propagierten Thesen nicht faschistisch seien und dass die offen faschistischen Menschen, wie Robert Hagermann (AfD), welche die Kundgebungen regelmäßig frequentieren, doch gar nicht rechts sein können.
So bauen sich Faschist*innen eine breite und äußerst gefährliche Gruppe an Menschen auf um ihre menschenverachtenden Ansichten zu verbreiten.

Solange sich auf den Kundgebungen Nazis und rechte Verschwörungstheoretiker*innen tummeln, machen sich alle Teilnehmer*innen, die diese nicht hochkant aus der Demo schmeißen, mitschuldig.
Schuldig dafür, dass Rechte Oberwasser gewinnen, schuldig dafür, dass Faschist*innen sich mit ihren Thesen im Recht sehen, schuldig für die von rechts propagierten autoritären Verschärfungen, die oberflächlich eigentlich genau das Gegenteil der Ziele der Hygienedemos sein sollten, schuldig für jedes gesprühte Hakenkreuz, jeden rechtspolitisch motivierten Übergriff, Mittäter*innen.

Gegen jegliche Formen des Faschismus!